Am 18. Mai veranstaltete das Landesbüro Niedersachsen der Friedrich-Ebert-Stiftung unter der Überschrift "Die Regenbogennation und die WM 2010" einen Jugendkongress zu Südafrika. An der Veranstaltung im "Haus der Jugend" nahmen rund 100 Jugendliche teil. In einer Podiumsdiskussion und in Workshops wurde zur wirtschaftslichen, politischen und kulturellen Rolle der Fußball-WM für Südafrika diskutiert.

Stefan Politze hält Grußwort beim "Jugendkongress Südafrika"

Hier können Sie das Grußwort von Stefan Politze nachlesen:

- es gilt das geprochene Wort -

Anrede,
auch ich freue mich, dass so viele junge Menschen zu diesem Kongress gekommen sind. Dies zeigt nicht nur die Begeisterung für Fußball und die kommende Weltmeisterschaft, sondern auch das Interesse für die Rahmenbedingungen unter denen ein solches Event stattfindet und die Auswirkungen einer solchen Veranstaltung auf die Menschen, die beteiligten Nationen und den Fußballsport.
Hier bei uns lag das Interesse von Fußballhannover bis zum letzten Spieltag der Bundesliga noch auf dem Erreichen des Klassenerhalts von Hannover 96. Nach einer schwierigen Saison mit vielen Höhen und Tiefen hat es 96 in einem tollen Schlussspurt, das Bayernspiel lassen wir mal außen vor, geschafft: Hannover 96 spielt auch in der nächsten Saison erstklassig. Das ist gut für die Stadt und gut für die Region. Denn so ein Klassenerhalt hat viele Auswirkungen, die auf den ersten Blick gar nichts mit dem Spiel der Mannschaft direkt zu tun zu haben scheinen: die Finanzierung der AWD-Arena steht weiterhin auf sicheren Beinen, über Erst-Liga-Sponsoring sind finanzielle Mittel für die Nachwuchsarbeit vorhanden, Hannover kommt, z.B. in der Sportschau und den anderen Medien weiterhin als Fußballstadt vor und nicht zuletzt können wir auch in der nächsten Saison viele Gäste der anderen großen Mannschaften bei uns begrüßen und im hoffentlich oft ausverkauften Stadion mit ihnen feiern.

Und nun richtet sich das Augenmerk der Fußballfans auf den Beginn der Fußball-WM in Südafrika in wenigen Wochen. Über das Land, seine Menschen, seine Probleme aber auch seine Chancen durch die Weltmeisterschaft wird heute noch viel gesagt und diskutiert werden.

Darum möchte ich als Politiker einen Aspekt herausgreifen und dazu eine Frage stellen:

Was kann die Politik vom Fußball lernen?

Hier gelingt etwas im Kleinen wie im Großen, auf das wir Politiker eigentlich neidisch sein müssten. Und wenn wir ehrlich sind, ist das wohl auch so.

Da ist zum einen die Gleichberechtigung:
Frauen- und Mädchenfußball ist groß im Kommen, die Übertragungszeiten im Fernsehen werden immer mehr und immer prominenter platziert. Beim DFB-Pokalfinale zwischen Duisburg und Jena in Köln wurde mit 26.282 Zuschauern ein Europarekord für ein Frauen-Vereinsspiel aufgestellt.
Und nicht zu vergessen:
Die Frauennationalelf ist Europa- und Weltmeister!

Dann ist da das Spiel auf dem Platz:
Zwei Mannschaften unterschiedlicher Nationen mit 22 Spielerinnen oder Spielern, die nach klar definierten Regeln einen fairen Wettstreit austragen. Wer hat die bessere Taktik, wer die bessere Kondition? Konnte der Trainerstab die Mannschaft richtig auf das Spiel vorbereiten? Wer schafft es, mit den besseren Ideen, den Ball ins Tor der gegnerischen Mannschaft zu bekommen?
Dazu braucht es Teamgeist, viele unterschiedliche Fähigkeiten der Positionen in Abwehr, Mittelfeld, Sturm und im Tor und letztendlich den Durchsetzungswillen aller Spielerinnen und Spieler. Und das alles unter festgelegten Regeln, an die sich alle halten müssen. Fairness gegenüber dem sportlichen Gegner ist oberstes Gebot. Wer dagegen verstößt wird verwarnt, wer es übertreibt, fliegt vom Platz. Und wer am Ende alle diese Aspekte am besten berücksichtigt, gewinnt das Spiel.
Diese klaren Rahmenbedingungen wünsche ich mir manchmal auch für die politische Auseinandersetzung. Hier wird oft unfair dazwischen gegrätscht und nirgends ist ein Schiedsrichter, der bestimmte Spieler vom Platz nimmt. Oft gewinnt nicht die Mannschaft mit den besseren Ideen, sondern die, die ihre Ideen am besten verkaufen kann. Im Fußball dagegen muss die Leistung in 90 Minuten auf dem Platz gebracht werden und niemand kann sich hinter blumigen Formulierungen verstecken.
Hier könnten sich Politiker eine Scheibe abschneiden.

Da ist aber auch alles, was sich um ein Fußballspiel oder ein ganzes Turnier herum ereignet:
Wir erinnern uns an die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland und das, was auch hier in Hannover als Austragungsort passiert ist:
Menschen unterschiedlicher Herkunft, Hautfarben und Nationalitäten waren zu Gast in Hannover. Uns alle einte die Begeisterung für Fußball und wir haben beim Public Viewing, in den Straßen und in den Vorgärten zusammen gefeiert.
Unabhängig von religiöser, kultureller oder nationaler Zugehörigkeit wurde die jeweilige Mannschaft mit Engagement unterstützt, unter den Fans spielten diese Unterschiede aber keine Rolle. In einer wunderbar friedlichen und toleranten Atmosphäre wurde gemeinsam ein großes Fußballfest gefeiert.

Und so erreicht der Fußball etwas, was ich mir auch für die Politik nur wünschen kann:
Das Setzen auf die Gemeinsamkeiten von Menschen und nicht das ständige Betonen der Unterschiede und das faire und tolerante Miteinander. Das müsste bei den Auseinandersetzungen auf allen politischen Ebenen die Richtschnur für politisches Handeln sein.
Ich hoffe, dass auch von der Weltmeisterschaft in Südafrika ein solches Zeichen ausgeht: für das Land, für den Kontinent und für die ganze Welt.
Für die heutige Konferenz wünsche ich mir, dass sie das Interesse für Südafrika weckt und auch von hier über den Sport, Toleranz und Verständnis für alle Andersdenkenden ausgeht.

In diesem Sinne wünsche ich euch und Ihnen viel Spaß bei der Konferenz und einen guten Verlauf.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.